Jörg Böhm
Lieber
Jörg, magst du den Lesern ein bisschen über dich verraten?
Jörg
Böhm: Ich bin ein waschechter Rheinländer. 1979 in Neuwied geboren und in einem
kleinen Ort im Westerwald aufgewachsen habe ich aber lange Zeit dort gelebt und
gearbeitet, wo meine Emma-Hansen-Krimis spielen: im Südschwarzwald und an der
Südlichen Wienstraße. Nun lebe ich seit Anfang 2015 in der Lüneburger Heide.
Aber meine Sehnsucht gilt dem Meer, weswegen ich nicht nur mit meiner Emma auf
die Insel Bornholm und damit ans Meer zurückkehren werde, sondern mich eben mit
dem 1. Kreuzfahrtkrimi „Moffenkind“ auch auf die stürmische und sogar
mörderische See gewagt habe.
Mit
„Moffenkind“ hast du jetzt deinen 4. Krimi geschrieben. Wann hast du deine
Leidenschaft fürs Schreiben, und speziell fürs Krimi-Schreiben entdeckt?
Jörg
Böhm: Das war im Jahr 2007. Ich habe in meiner Lieblingsbuchhandlung und in
Stadtbücherei einfach nicht mehr das gefunden, was ich selbst gerne lese. Und
da ich ausgebildeter Redakteur bin habe ich mir gedacht, na, das mit dem
Schreiben bekommst du auch selbst hin. Bis ich nach gut 100 Seiten gemerkt
habe, ups, Krimischreiben ist ein Handwerk, das man beherrschen sollte, damit ich
meinen wunderbaren Leserinnen und Lesern auch spannende Lesestunden schenken
kann. Also habe ich alles in den Giftschrank verschlossen, mir damals eine
Mentorin gesucht und dank ihr, mit ihr, über sie - wie auch immer man das
ausdrücken mag - das Krimischreiben noch mal von der Pike auf gelernt. Und
dieses Rüstzeug hilft mir jetzt und bei jedem neuen Buchprojekt, eine spannende
Geschichte mit authentischen Charakteren, falschen Fährten und interessanten
Nebensträngen zu entwickeln.
Was
ist schwerer? Das erste Buch zu schreiben oder – nach deinen Erfolgen – die
jeweils nächsten?
Jörg
Böhm: Das ist wirklich eine spannende Frage :-). Aus Sicht des Autors
ist es so, dass man sich schon vornimmt, von Buch zu Buch besser zu werden. Denn
als Schriftsteller verhält es sich wie bei einem guten Wein, der auch mit der Zeit
reift. Aber ob das einem gelingt, entscheidet einzig und allein der Leser. Aus
literarischer Sicht freue ich mich immer wieder auf das neue Abenteuer. Ich
habe noch so viele Geschichten im Kopf und noch so viel mit meinen
wiederkehrenden Figuren, vor allem mit meiner Emma vor, dass ich mich wirklich
schon nach dem magischen Wort „Ende“ nach dem ersten Wort des neuen Buches
sehne.
Wie
hast du deinen ersten Verlag für das Buch begeistern können? Hattest du einen
Agenten? Was würdest du angehenden Schriftstellern raten?
Jörg
Böhm: Es gehören viele Faktoren dazu, um als Autor einen Verlag zu finden, der
dann auch noch die Geschichten druckt und verlegt, die man sich da so
ausgedacht hat. Eine gute Schreibe, Leidenschaft für das, was man tut, ein
bisschen Disziplin und natürlich auch die nötige Portion Glück. Ein Agent hilft
dahingehend ungemein, dass man als Autor seinen eigenen Weg findet und diesen
auch geht. Er ist der richtige Begleiter auf dem größten Abenteuer eines jeden
Schriftstellers.
Was
war der stärkste „Gegenwind“ auf deinem Weg zum Krimi-Autor? Die größten
Bremser?
Jörg
Böhm: Das stärkste Wort der deutschen Sprache heißt „Machen“, daher
konzentriere ich mich immer nur auf das, was mich nach vorne bringt. Was ich
selbst machen kann, um meinen Traum lesen zu dürfen. Und auf dieser Reise
gehört meinen wunderbare Leserinnen und Lesern der größte Dank, den ohne sie
wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin.
Als
Journalist hast du Schreiben von der Pike auf gelernt. Erleichtert dies aber
tatsächlich das Bücher-Schreiben? Oder ist der „journalistische Anspruch“ eher
ein Bremser?
Jörg
Böhm: Es erleichtert ungemein. Gerade dann, wenn ich für meine Geschichte
recherchiere, mit Experten und Fachleuten spreche und mich in die Geschichte so
hineinversetzen kann, was wirklich wichtig und interessant ist für meine Leser.
Denn ich möchte weder belehren noch langweilen, daher ist es immer sehr
wichtig, einen Mittelweg zu gehen, der die Orte, die Charaktere mit ihren einzelnen
Biographien und der über alles stehenden Geschichte, warum jemand zum Mörder
werden muss, miteinander verbindet.
Wie
gehst du beim Schreiben vor? Hast du das Ende bereits im Kopf? Oder entstehen
viele Dinge erst im Tun? Wird vor der eigentlichen Schreibarbeit alles minutiös
ausgetüftelt? Oder ist Platz für Improvisation?
Jörg
Böhm: Wenn ich das erste Wort schreibe, dann weiß ich schon, wie dieser Fall
ausgeht, wer zum Mörder wird und warum, wer ermordet wird und welche Schuld
oder welches Geheimnis die Figuren miteinander verbindet. Natürlich gibt es
beim Schreiben immer die Möglichkeit, meiner Kreativität auch noch ihren freien
Lauf zu lassen. So kann es beispielsweise sein, dass mir während des Schreibens
eine Figur, die ich eher introvertiert und schüchtern entwickelt habe, zuruft,
dass sie eher extrovertiert und laut ist. Oder aber ein Kapitel passt an einer
anderen Stelle besser, sodass ich dann die Szenen-Reihenfolge ändere. Generell
gilt aber: Je besser meine Planung oder meine Vorbereitung ist, desto kreativer
ist der eigentliche Schreibprozess.
Wie
viel Zeit investierst du in die Recherche, wieviel dann ins Schreiben?
Jörg
Böhm: Das ist schwer zu sagen. Ich brauche fürs eigentliche Schreiben so an die
vier Monate. Da ich von einer Idee, ihren handelnden Charakteren und auch den
Orten erst einmal gefangen werden muss, kann der Prozess des Werdens mitsamt
der komplexen Recherche schon mal gut doppelt so lange dauern. Insgesamt
brauche ich also ein Jahr, um ein Buch fertigzustellen – von der ersten Idee
bis zum fertigen Manuskript.
Seit
Oktober 2014 bist du jetzt hauptberuflicher Krimi-Autor. Was hat den Ausschlag
für den Ausstieg aus der Festanstellung als Pressesprecher gegeben?
Jörg
Böhm: Ich wollte nicht mit 80 Jahren im Schaukelstuhl auf meiner Veranda
sitzen, dem Sonnenuntergang entgegen schaukeln und mich darüber ärgern, warum
ich es damals nicht einfach gemacht habe und angefangen habe, zu schreiben.
Denn so wie das stärkste Wort der deutschen Sprache eben „Machen“ ist, so ist
das schlimmste Wort der deutschen Sprache „zu spät“. Also habe ich im Oktober
2014 beschlossen, meinen Traum zu leben. Und ja, ich backe jetzt sehr sehr
viele kleine Brötchen, aber sie schmecken so viel besser. Und die lieben Worte
und wunderbaren Rückmeldungen meiner Leserinnen und Leser, die von Buch zu Buch
immer mehr werden, sind der offenkundige Beleg, dass ich alles richtig gemacht
habe. Und dafür bin ich so unendlich dankbar.
Wie
gehst du vor, wenn du an einem neuen Buch sitzt? Wie ist dein Zeitmanagement,
wie deine Tagesgestaltung?
Jörg
Böhm: Ich sitze wie viele Menschen, die in einem Büro arbeiten, auch zwischen 8
und 9 Uhr am Schreibtisch. Dann kümmere ich mich um Lesungsanfragen, schreibe
Rechnungen oder Verträge, telefoniere mit meinen Experten oder mache die
Steuern. So richtig kreativ werde ich mit dem zweiten Nachmittagskaffee so ab
15, 16 Uhr. Und wenn es dann läuft, mich als die Muse küsst, dann kann es schon
mal vorkommen, dass ich die Zeit vergesse und dann bis Mitternacht oder später
am Buch sitze und schreibe.
Was
reizt dich an Kreuzfahrten und wie viele Kreuzfahrten hast du bereits gemacht?
Jörg
Böhm: Ich liebe Kreuzfahrten, denn es ist für mich die schönste Form, elegant,
majestätisch und bequem von einem Ort zum anderen zu gelangen. Bisher habe ich
schon sechs Kreuzfahrten als Gast oder auch als Gastkünstler erleben dürfen. In
diesem Jahr werden weitere sechs folgen. Und es ist für mich jedes Mal das
gleiche Abenteuer, als würde ich ein Buch schreiben. Du weißt zwar, wohin dich
die Reise führt, aber du weißt noch nicht, was du auf dieser Reise alles
erleben wirst.
Wie
lange hast du an deinem neuen Krimi „Moffenkind“ geschrieben?
Jörg
Böhm: Mit der gesamten Vorplanung, meinen Recherchereisen und der kompletten
Neuentwicklung meiner Geschichte – die erste Idee, die ich schon ausgearbeitet
hatte, hat mich so gar nicht ergriffen und berührt – habe ich zwei Jahre an
„Moffenkind“ gearbeitet. Das schließt die Zeiten, in denen meine Testleser und
die Lektorin das Manuskript auf Herz und Nieren geprüft haben – was manchmal
ganz schön weh tut, wenn die Seiten mehr rote Farbe als schwarze Farbe aufweisen
-, mit ein.
Dein
neuer Kreuzfahrtkrimi „Moffenkind“ erschien am 31. März 2016. Moffenkinder
nennt man die Kinder von Wehrmachtssoldaten in den Niederlanden. Was an den
Moffenkindern hat dich inspiriert, einen Krimi zu schreiben?
Jörg
Böhm: Es sind die tragischen Schicksale der Frauen, die sich mit dem Feind
eingelassen haben, die mich so gepackt und gefesselt hat, dass ich darüber mehr
erfahren und eben auch einen Krimi schreiben wollte. In meinen Krimis haben die
Geschichten immer ihren Ursprung in der Vergangenheit, mit Auswirkungen bis ins
Hier und Jetzt. Und als ich dann noch erfahren habe, das meine eigene
Schwiegermama ein eben solches Moffenkind ist, da wusste ich, ich hatte meine
Geschichte, die in Amsterdam beginnt und auch dort den Showdown für die letzte
Etappe dieser Kreuzfahrt mit ihrem Ende in Hamburg einläutet.
Ist
dir eine der Figuren besonders ans Herz gewachsen?
Jörg
Böhm: Meine Figuren sind mir während des Schreibprozesses alle sehr nah. Sie
sind ein Teil von mir, ohne dass ich ein Teil von ihnen bin. Ich beobachte sie,
fühle mit ihnen, leide mit ihnen und freue mich mit ihnen. Das gilt für meine
Heldenfiguren genauso wie für meinen Mörder beziehungsweise meine Mörderin oder
aber auch für die Charaktere, die nur kurz auftauchen, der Geschichte aber unter
Umständen eine neue Wendung geben oder die Handlung mit einer manchmal noch so winzigen
Kleinigkeit vorantreiben.
Dein
neues Buch entstand in Kooperation mit der Reederei AIDA und für deren neues
Schiff, die AIDAprima, und war eine Auftragsarbeit. Wie kam das zustande?
Jörg
Böhm: Ich darf mittlerweile seit drei Jahren Lesereisen auf den AIDA Schiffen
absolvieren und anscheinend hat das den Passagieren und vor allem den
Verantwortlichen bei AIDA so gut gefallen, dass man mich vor zweieinhalb Jahren
gefragt hat, ob ich mir ein solches Projekt vorstellen könnte. Was für eine
Ehre! Ich bin immer noch ergriffen, dass man mir so viel Vertrauen
entgegengebracht hat. Und trotzdem war es eine besondere Herausforderung, denn
ich wollte mir nicht nur neue Figuren entwickeln, sondern ich stand auch vor
der Aufgabe, authentisch und lebensecht alle Orte dieser Reise so einzubinden
und mit meiner Geschichte zu verweben, das niemand das Buch zuklappt und denkt,
was für ein Schmarrn.
Fällt
dir das Schreiben schwer, wenn ein Geldgeber einem im Nacken sitzt? Gab es
No-Gos?
Jörg
Böhm: Natürlich gab es sicherlich auch bei AIDA Menschen, die mich nicht
kannten und somit auch nicht wussten, was ich schreibe. Die vielleicht sogar
Angst hatten, meine Bücher würden vor Blut triefen, seien mehr grausame
Psychoschocker als klassische Kriminalromane und die befürchteten, ich würde so
die Leute eher abhalten, eine Kreuzfahrt zu buchen als ihnen Fernweh zu
vermitteln. Doch gerade meine Lesereisen an Bord und die Begeisterung der
Passagiere und damit auch meiner Leser, die meine Landhaus-Krimis, wie ich
meine Emma-Hansen-Krimis beschreibe, so lieben, waren der Beginn dieses Erfolgs
und man hat mir von Anfang an freie Hand gelassen. Mit einer kleinen
Einschränkung: Ja, es gibt keinen Mord an Bord, auch keinen hohen Wellengang
oder schlechtes Essen. Aber das war auch nicht handlungstragend. Das Schiff ist
eben das Transportmittel. Dafür lasse ich an den wunderschönen Orten dieser Reise
morden – und das nicht zu knapp. :-)
Das
Schiff heißt nicht Aida in deinem Krimi. Warum?
Jörg
Böhm: Vielleicht weil AIDA doch Angst hatte, es würde ein Mord an Bord
passieren, lach ... nein, Spaß beiseite. Die Reederei und vor allem der
Entertainment-Bereich sind unglaublich weitsichtig und offen für neue Ideen und
Möglichkeiten, Das Erlebnis des Reisens mit einem Buch, das genau diese Reise
und deren Orte aufgreift, miteinander zu verbinden. Und da andere Reedereien
wie beispielsweise Costa ebenfalls diese Metropolentour fahren, bietet es sich
an, auch diesen Passagieren das Gefühl zu vermitteln, Teil dieses Krimis zu
sein.
Du
erwähnst in deinem Krimi das neue Flaggschiff AIDAprima und in deiner
Danksagung das AIDA-Team. Welche Unterstützung hast du von AIDA für deine
Recherche bekommen?
Jörg
Böhm: Ich habe wirklich die beste Unterstützung bekommen, die man sich als
Autor vorstellen kann. Denn ich durfte von Anfang an Teil dieses wunderbaren
Teams sein, als Hilfsscout die Passagiere nach Stonehenge, Honfleur oder Brügge
begleiten, um so noch näher bei den Passagieren und damit meinen Lesern zu sein
und mich so gleichzeitig auch von den Orten, die Schauplätze in meinem Krimi sind,
aufsaugen zu lassen. Gerade dieses Zusammenspiel, nah bei den Gästen und
gleichzeitig Teil von AIDA sein zu dürfen, hat mein Buch so viel besser,
authentischer, lebensechter gemacht und gerade deshalb gilt der Crew eben auch
ein ganz großes Dankeschön.
Hast
du schon deine nächste Kreuzfahrt geplant und wird es einen weiteren
Kreuzfahrtkrimi geben?
Jörg
Böhm: Mich führen meine Lesereisen mit AIDA in die Ostsee, ans Nordkap und zu
den Highlights am Polarkreis. Das sind nicht nur wunderschöne Routen, um den
Gästen aus meinen Krimis vorlesen zu dürfen, sondern auch faszinierende Orte,
an denen Krimis spielen können. Ich habe auch schon eine Fortsetzung für einen
zweiten AIDA Kreuzfahrtkrimi im Kopf ... :-)
Lieber
Jörg, herzlichen Dank für das Gespräch! :-D Ich wünsche dir und auch uns
Lesern weitere spannende Abenteuer! Viel Erfolg weiterhin und persönlich alles Gute.
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